29/04/2012

I Am Alive

Filed under: XBOX360 — lars @ 15:56

Einen ebenso beschwerlichen Weg wie sein Held, hat das Downloadspiel hinter sich, beweist aber das nach drei Jahren Stasis eine Menge Leben in ihm steckt.

Die metallenen Trümmer einer zerstörten Brücke ragen gen Himmel, als strecke die Erde dem Allmächtigen ihre Klauen anklagend entgegen. Als wir Adam Collins kennen lernen, ist er bereits ein Jahr unterwegs, um die Stadt zu erreichen, die einst seine Heimat war. Ein vierstündiger Flug war das einmal, wie er zynisch bemerkt. Der innere Antrieb nach Hause zu kommen, zu Frau und Tochter, hielt ihn am Leben – und Überleben ist in diesen Zeiten das Einzige, was zählt.
Nach einem schweren Erdbeben sind die Straßen der Großstadt kaum noch als solche zu erkennen. Überall klaffen unüberwindbare Löcher, die Wolkenkratzer liegen schief und halb im Boden versunken übereinander. Schließlich erreicht Adam die Haustür seiner alten Adresse. Das Haus steht noch, doch seine Familie hat es längst verlassen. Ein Brief liegt auf dem Kaminsims. Vor 11 Monaten sind sie evakuiert worden. Adam macht sich daran, herauszufinden, wo sie und die anderen hingebracht wurden.
Dabei trifft er vereinzelt Überlebende auf den Straßen. Nicht alle von ihnen suchen den Konflikt mit der Waffe. Einige verteidigen nur ihr Hab und Gut, andere benötigen Adams Hilfe, belohnen ihn dafür mit einem Continue und erzählen von den Schrecken des Bebens. Angesichts der einsamen Kugel, die meist im Magazin der Handfeuerwaffe schlummert, geht Adam Kämpfen ohnehin am besten aus dem Weg. In Gebäuden und engen U-Bahnschächten ist das allerdings nicht möglich und meist sieht der bärtige Held sich einer zahlenmäßigen Übermacht gegenüber, die ihre Macheten wetzt. Gut, dass die nicht wissen, wie viele Projektile ihr Gegenüber mit sich führt. So lassen sie sich auch mit einer leeren Waffe in Richtung Abgrund drängen. Ein beherzter Tritt, und der Weg ist frei.
Die meiste Zeit verbringt Adam allerdings damit, an Häuserwänden herauf zu klettern oder aus schwindelerregender Höhe einen Weg nach unten zu finden. Im Gegensatz zu „Uncharted“ erwartet ihn am Boden jedoch kein üppiges Grün, sondern dichter Staub, der an der Kondition nagt, die es auch beim Klettern immer im Blick zu behalten gilt. Überhaupt ist der Überlebenskampf keine hübsche Sache und die Umgebung stets in erdige Töne getaucht. Wenn der tödliche Dunst uns die Sicht raubt, Adams Herz vor Anstrengung den Controller zum vibrieren bringt und seine nachdenklichen Worte oder vereinzelte Pianotupfer die gottverlassene Stille durchdringen, fühlen wir uns nicht nur an „Alan Wake“ erinnert, es kriecht auch ein authentisches Gefühl des nackten Überlebens in den Nacken.
Wie im Wald bei Wake gibt es allerdings auch hier wenig abseits der geraden Wege zu entdecken. Der unfreiwillige Held, die interessanten Nebenfiguren, deren individuellen Schicksale berühren und eine clever eingeflochtene weitere Erzählebene, in der die Geschichte auf dem Screen von Adams Videokamera durch eine Figur betrachtet wird, die sich erst am Ende zu erkennen gibt offenbaren „I am Alive“ aber dennoch das Potential in zukünftigen Episoden weiterzuleben.

Bereits erschienen, Xbox Live, 1200 Pkt.