Retro City Rampage
Die Wundertüte für Videospielfreunde ist endlich fertig gepackt: Zehn Jahre lang schraubte Brian Provinciano an seiner Hommage an die goldene Ära der 8bit Sprites und Pixel. Was 2010 zunächst als ehrgeiziges Ein-Mann-Projekt, „Grand Theft Auto III“ für das Nintendo Entertainment System umzusetzen, begann, ist über die Jahre hinweg immer größer geworden. Aus „Grand Theftendo“ entstand eine selbstbewusste Open World Action Parodie – wie Provinciano sein Baby selbst bezeichnet.
Die Freude, dass sein Werk nun vollendet ist und eigenhändig von ihm umgesetzt den Weg auf Steam, XBLA, PSN und WiiWare gefunden hat, stellt sich bereits ein, wenn der Chiptune-Soundtrack ertönt und uns der blinkende 64er Font dazu auffordert, die Starttaste zu drücken, was mit einem aus so vielen Spielen der frühen Achtziger vertrauten „Pling“ honoriert wird.
Was folgt, ist ein atemloser Ritt durch eine haarsträubende Geschichte, grafisch, wie inszenatorisch aus einem Guss. Unser Alter Ego hört auf den Namen ‚Player One’ und hat sich in den vergangenen drei Jahren immer höher in Richtung Chefetage eines Verbrechersyndikats vorgearbeitet. Gleich zu Beginn wird uns das Steuer eines Fluchtwagens in die Hände gedrückt, wir räumen eine Bank aus, schaffen die Wachen beiseite und ebnen den Fluchtweg. Der absurde Humor zeigt sich bereits hier, wenn nach der an grenzdebilen Komplizen gescheiterten Flucht eben gleich noch ein Raub vollzogen wird. Ehe wir uns versehen, fliehen wir mit einer Horde Ninjas vor der Polizei, ein Van biegt um die Ecke, der dem des A-Teams verdächtig ähnlich sieht und ein Dixieklo fällt vom Himmel, dem die Pixelinkarnationen von Bill und Ted entsteigen und das sich als Zeitmaschine entpuppt.
Klingt irre? Ist noch garnix im Vergleich zu dem, was die nächsten 60 Missionen folgen wird. Die haarsträubende Story um den direkt der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie entsprungenen Wissenschaftler Doc Choc überrascht an jeder Ecke und der Joker schneidet ein Grinsen in die Visage des popkulturell sozialisierten Spielers, das die Gesichtsmuskeln lähmt und die Augen weitet.
Wer hier alle Referenzen entdeckt, die im Sekundentakt über den Bildschirm flimmern – der sich stilecht auch krümmen lässt – hat keine Freunde, oder genau die richtigen, mit denen er sich im Anschluss an eine Partie „Retro City Rampage“ begeistert darüber austauschen kann. Ein charmanter Flashback in unsere Gamervergangenheit jagt den nächsten. Beim Überqueren der Straße mit dem Fluchtwagen sehen wir mit uns einer aussichtslosen „Frogger“-Situation konfrontiert, wovon auch die platte Amphibie auf dem Asphalt zeugt. Auf den Straßen von Theftropolis springen unvermittelt die Turtles aus dem Kanaldeckel und die Ghostbusters um die Ecke, bevor im nächsten Moment ‚Theftception’ auf dem Bildschirm erscheint und wir uns am Steuer eines Panzers wiederfinden.
Die Mechanik funktioniert dabei ähnlich der GTA-Serie, stets in der Draufsicht der Anfangstage und im Free Roam Modus mit unzähligen Möglichkeiten. Zwischendurch gibt es Ausflüge in andere Serien, Rennen im „Hang-On“-Stil, Rätseleinlagen nach Zelda-Manier, Jump’n’Run-Einlagen á la „Pifall“, ein „Bit Trip“-Bonusspiel oder „Virtual Meat Boy“, das ein Bastard der Indie-Hits „Super Meat Boy“ in der augenkrebsigen Optik von Nintendos gefloppter Brillenkonsole ist. Hat man die Disziplinen gemeistert, kann man Bonuscharaktere aus den Gastspielen freischalten. Mit den über 30 Vehikeln und mehr als 20 verschiedenen Waffen bietet der Download viel Abwechslung und noch mehr Liebe, gegossen in Bits und Bytes für schmale 10 Euro.
Hersteller: VBlank Entertainement
Genre: Action
Plattform: PC, MAC, PS3, Xbox 360, Wii, PS Vita (Download)